Herz oder Kopf: Wie viel Risiko darf es bei der Jobwahl sein?

Das Herz sagt Musiker, der Kopf (oder die Eltern): „Mach doch lieber was Vernünftiges.“ Wie trifft man die richtige Entscheidung?

Berufswunsch Musiker? Bei der Karrierewahl dürfen junge Menschen ruhig ihren Leidenschaften nachgehen, ein Plan B ist aber immer hilfreich. Symbolbild: Christin Klose/dpa

München/Dortmund. (dpa) Luftschlösser bauen, verrückten Plänen hinterherjagen oder doch lieber Vernunft walten lassen? Geht es um die Berufswahl müssen wir entscheiden, ob und wie viele Risiken wir eingehen wollen. Wer sich etwa für Berufe wie Autor, Musikerin, Schauspieler, Philosophin oder Influencer begeistert, muss mit Unsicherheiten und Hürden rechnen. Wann lohnt es sich, das Risiko einzugehen?

■ Realitätscheck: Ist das der richtige Beruf für mich?

Stefanie Rektorschek, Berufsberaterin bei der Bundesagentur für Arbeit, empfiehlt, sich bei der Berufswahl folgende Fragen zu stellen: Ist dieser Beruf tatsächlich so, wie ich ihn mir vorstelle? Woher kommt meine Begeisterung dafür? Kann ich das überhaupt? Was an diesem Beruf reizt mich genau? „Manchmal merken junge Menschen im Realitätscheck, dass der Beruf eigentlich gar nicht so toll ist, wie sie es sich vorstellen. Oder, dass es gar nicht ihr Wunsch ist, Spitzensportler zu sein, sondern eigentlich der Wunsch von jemand anderem“, sagt die Beraterin.

■ Geht es um Spaß oder Glamour?

Zu einer realistischen Einschätzung gehört auch, sich ehrlich mit den eigenen Fähigkeiten auseinanderzusetzen. „Wenn man zum Beispiel Schauspieler werden will, macht es schon einen Unterschied, ob man schon Erfahrungen im Schultheater gesammelt hat, vielleicht sogar gutes Feedback bekommen hat, oder sich das Leben als Filmstar einfach glamourös vorstellt.“ Daher ist die Frage nach der inneren Motivation wichtig: Habe ich Spaß an der Tätigkeit an sich? Würde es mir auch Spaß machen, wenn sich der große Erfolg nicht einstellt?

■ Plan B für den Traumjob

„Es hilft auch sehr, um den Traumberuf herum nach einem Plan B, C oder D zu schauen, falls Plan A nicht auf Anhieb aufgehen sollte“, sagt Rektorschek. In vielen Berufsfeldern gibt es neben einer risikoreichen Variante auch eine, die mehr finanzielle Sicherheit verspricht. Statt Influencer zu werden, kann man beispielsweise für Medien oder Unternehmen Social-Media-Inhalte erstellen. „Oftmals kann man auch das, was einen eigentlich an Traumjob Nummer Eins so reizt, zu Plan B mitnehmen“, sagt Nico Rose, Coach und Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management in Dortmund. „Wenn ich es mag, vor Menschen aufzutreten, muss das nicht immer auf der Bühne sein. Dann kann ich vielleicht auch als Lehrer oder Stadtführer glücklich werden.“

■ Sicherheitsbedürfnis prüfen

Bei der Entscheidung, ob jemand ein berufliches Risiko eingehen will, sei es auch nicht ganz unwichtig, wie groß das eigene Sicherheitsbedürfnis ist. Das kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein. Die beiden Fachleute weisen zudem darauf hin, dass sich das Bedürfnis im Laufe des Lebens ändern kann. Wer nicht nur sich selbst, sondern auch eine Familie versorgt, setzt vielleicht in dieser Phase des Lebens lieber auf die sichere Bank. Wer sich mit der Zeit ein gutes finanzielles Polster erarbeitet hat oder aus einem wohlhabenden Elternhaus kommt, kann dann womöglich mehr Risiko eingehen.

■ Lebenslauf ohne roten Faden: Sich ausprobieren ist erlaubt

„Wir haben außerdem in unserem Berufsleben viel Zeit, um verschiedene Dinge auszuprobieren. In den seltensten Fällen braucht jemand einen roten Faden im Lebenslauf“, sagt Rose. Rektorschek zufolge treffen Berufstätige heutzutage immer wieder aufs Neue Entscheidungen, und gestalteten teilweise ihren Berufsalltag selbst aktiv mit. Der Entscheidung für einen Karriereweg darf man also manchmal gar nicht zu viel Bedeutung beimessen.

■ Traumjob oder sichere Bank?

„Ich glaube auch nicht, dass es eine Wahl gibt, die grundsätzlich besser ist als die andere oder die glücklicher macht,“ sagt Rose. „Es kommt darauf an, den richtigen Lebensentwurf für die richtige Person zu finden.“ Doch wie finde ich nun heraus, was für ein Typ ich bin? Neben Selbstreflexion können Gespräche mit nahestehenden Personen helfen. Nicht zuletzt können zum Beispiel Tests der Arbeitsagentur in diesem Selbstfindungsprozess unterstützen.

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