Von Arbeitszeit bis Abbruch

(dpa/tmn) Ob Geistes- oder Naturwissenschaften, Jura oder Lehramt: Praktika sind in vielen Studiengängen Pflicht. Und selbst ohne Zwang nutzen viele Studierende ihre vorlesungsfreie Zeit, um den Arbeitsalltag kennenzulernen. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu im Überblick:

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Schnuppermöglichkeit gesucht: Gute Praktika finden Studierende zum Beispiel auf Messen. Bild: dpa

■ Warum sind Praktika sinnvoll?

„Ein Praktikum dient vor allem dazu, praktische Arbeitserfahrungen zu sammeln, die im eher theoretischen Studium nicht vermittelt werden“, erklärt Birgit Adam. Sie ist Autorin des Ratgebers „Chance Praktikum“ der Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen. Im besten Fall lernt man in einem Praktikum den ganz normalen Arbeitsalltag kennen, sagt sie - mit allen positiven und negativen Seiten. Praktika sind zudem eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen: „Wer in einem Unternehmen schon einmal einen guten Eindruck gemacht hat, hat später bei der Stellensuche bereits einen Fuß in der Tür.“

■ Wo finde ich das richtige Praktikum?

Jutta Boenig empfiehlt dafür vor allem Messen. Denn dort können Interessenten direkt mit einem Unternehmen in Kontakt kommen, erklärt die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung (DGfK). Alternativ wenden sie sich ans Career Center ihrer Hochschule. Gerade für Geisteswissenschaftler lohnt sich auch ein Blick in die Newsletter von Unternehmen, auch Plattformen wie Xing und Linkedin können weiterhelfen. Generell gelte: „Praktika kommen nicht von alleine.“

■ Worauf kommt es in der Bewerbung und beim Vorstellungsge- spräch an?

„Ganz klar: Man muss über die Firma Bescheid wissen, bei der man sich bewirbt“, sagt Boenig. Bewerber sollten in ihren Unterlagen und dem Gespräch außerdem ihre Persönlichkeit und ihre Motivation zeigen sowie möglichst den Mehrwert, den sie für das Unternehmen mitbringen. „Ein Geisteswissenschaftler möchte vielleicht das theoretische Wissen aus dem Studium mit der Praxis verknüpfen. Dazu kann er das Unternehmen mit dem Denken der jungen Generation bereichern.“

■ Bekomme ich Geld für ein Praktikum?

Generell gilt der Mindestlohn von 8,84 Euro auch für Praktikanten. Es gibt aber Ausnahmen: Handelt es sich etwa um ein Pflichtpraktikum im Rahmen des Studiums, müssen Unternehmen keinen Mindestlohn zahlen. Was für ihr Praktikum gilt, können Studierende mit einem Online-Test des Bundesarbeitsministeriums herausfinden. Achtung: Geld für ein Praktikum zählt als Einkommen, etwa beim Bafög. Um Rückzahlungen im Nachhinein zu vermeiden, rät der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), das zuständige Amt im Voraus über die Einnahmen zu informieren.

■ Welche Rechte habe ich?

Für Praktikanten gilt wie für andere Arbeitnehmer auch das Arbeitszeitgesetz: Pro Tag dürfen sie demnach höchstens acht, in Ausnahmefällen auch bis zu zehn Stunden arbeiten, dazu kommt ein grundsätzliches Recht auf Pausen. Und wie andere Arbeitnehmer haben Praktikanten ebenfalls das Recht auf ein qualifiziertes Zeugnis.

■ Bin ich während meines Praktikums versichert?

Wie und in welcher Form man im Praktikum sozialversicherungspflichtig wird, hängt nicht nur vom Verdienst ab. Auch hier macht es einen Unterschied, ob das Praktikum Pflicht oder freiwillig ist, erklärt Adam. Es lohnt sich also, vorher beim Arbeitgeber nachzufragen. Immer Pflicht ist dagegen die Krankenversicherung. „Hier empfiehlt es sich, die Versicherungslage vor Beginn eines Praktikums mit der jeweiligen Krankenkasse durchzusprechen“, rät Adam deshalb.

■ Was muss ich bei einem Auslandspraktikum beachten?

Vor allem muss man mit der Planung rechtzeitig beginnen, sagt Adam. „Mindestens ein Jahr Vorlaufzeit sollte man hier einkalkulieren.“ In Ländern, die nicht zur EU gehören, sind zum Beispiel Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis Pflicht – das muss erst organisiert werden. „Auf keinen Fall sollte man mit einem Touristenvisum zum Beispiel in die USA einreisen und dann dort auf eigene Faust einen Praktikumsplatz suchen. Das ist streng verboten und kann zu einer sofortigen Ausweisung und einem späteren Einreiseverbot führen“, warnt die Expertin.

■ Wie viele Praktika sind überhaupt sinnvoll?

Pauschal könne man diese Frage nicht beantworten, sagt Boenig. „Wichtig ist, sich nicht zu verzetteln.“ Am Anfang seien Praktika gut, um sich auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren, später sollte ein roter Faden im Lebenslauf erkennbar sein. Das kann dann auch bedeuten, nicht mehr jedes Praktikum mitzunehmen. „Nach jedem Praktikum sollte man reflektieren: Was habe ich gelernt? Was ist der nächste Schritt?“

■ Was muss ich zum Start ins Praktikum beachten?

„Am ersten Tag gilt: gucken, gucken, gucken“, sagt Boenig. „Besserwisser kommen in keinem Betrieb gut an. Deshalb sollte man sich mit Sätzen wie „Das habe ich in der Uni ganz anders gelernt“ zurückhalten.“ Fragen seien dagegen schon erwünscht. Und auch ein Ein- oder Ausstand komme bei den Kollegen meist gut an.

■ Was, wenn es gar nicht läuft – abbrechen?

„Durchhaltevermögen ist im Praktikum schon gefragt“, sagt Boenig. „Man sollte sich auf den Betrieb einlassen und kann immer etwas lernen.“ Trotzdem kann es vorkommen, dass ein Praktikum überhaupt nichts ist und man abbrechen möchte. Vorsicht: Während freiwillige Praktika auch bei der Kündigung wie normale Arbeitsverhältnisse behandelt werden, sind Studenten im Pflichtpraktikum zusätzlich an die Studienordnung gebunden. Deshalb sollten sie sich laut DGB bei einem Abbruch mit ihrem Studierendensekretariat in Verbindung setzen. Schnuppermöglichkeit gesucht: Gute Praktika finden Studierende zum Beispiel auf Messen.


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