Auf den Millimeter genau

(dpa/tmn) Sie finden sich in Automotoren, Waschmaschinen und vielen Elektrogeräten: Kleine Schrauben, Muttern, Zahnräder und Stifte aus Metall, die kaum auffallen. Doch oft sind sie keine Baumarktware. Zerspanungsmechaniker fertigen sie speziell für Produkte an.

Früher brauchten Zerspanungsmechaniker vor allem Muskelkraft und handwerkliches Geschick. Seit den 1980er Jahren übernehmen aber mehr und mehr computergesteuerte Maschinen die schweißtreibenden Arbeiten am Metall. Dennoch ist der Job heute mehr denn je gefragt. Doch das das Aufgabenfeld hat sich grundlegend gewandelt. „Heute geht es vor allem darum, die Maschinen zu rüsten, zu bedienen und den Fertigungsprozess zu überwachen“, sagt Hermann Rumpel vom Verband der Deutschen Drehteileindustrie. Dabei sei nicht so viel Muskelkraft gefordert, sondern technisches Gespür

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Im ersten Lehrjahr hat der Auszubildende Andre Neuhaus in der Lehrwerkstatt handwerkliche Fähigkeiten wie das Schleifen, Fräsen und Bohren gelernt. Bild: dpa

Gespür bekommen

Die große Herausforderung in dem Beruf sei es, mit hundertprozentiger Genauigkeit zu arbeiten, sagt Andre Neuhaus. Er ist im dritten Ausbildungsjahr zum Zerspanungsmechaniker im Unternehmen von Thilo Karrenberg in Velbert in Nordrhein-Westfalen. „In unserem Bereich sind die Toleranzgrenzen sehr, sehr klein, da kommt es auf wenige Mikrometer an.“ Ein Mikrometer ist ein Tausendstel Millimeter. Zerspanungsmechaniker stellen metallene Präzisionsbauteile aller Art her, richten Dreh-, Fräs- und Schleifmaschinen ein und programmieren die Maschinen mit CNC-Programmen. CNC steht für Computerized Numerical Control und bezeichnet ein elektronisches Verfahren zur Steuerung von Werkzeugmaschinen. 2015 haben 6288 junge Menschen die Ausbildung begonnen, darunter 366 Frauen.

Dieser Job ist weitaus komplexer, als er auf den ersten Blick erscheint: Bis eine Maschine vorbereitet ist, um ein bestimmtes Drehteil zu produzieren, dauere es häufig mehrere Stunden, sagt Neuhaus. Die Maschinen sind unter Umständen so groß wie ein Kleintransporter. „Man muss erst einmal ein Gespür dafür bekommen, welche Zahnräder und Werkzeuge man für was braucht“, erklärt der 21-Jährige. Und wenn die Produktion beginnt, ist die Arbeit noch nicht ge- tan. „Ich muss die ganze Zeit kontrollieren, ob die Maße stimmen und das Teil passt.“ Ist das nicht der Fall, müsse nachjustiert werden – so lange, bis der Fehler gefunden ist.

Dafür brauchen Zerspanungsmechaniker gute mathematische Kenntnisse. „Unverzichtbar ist auch ein räumliches Vorstellungsvermögen“, sagt Rumpel. Das ist wichtig, um sich neue Bauteile anhand von Plänen vorstellen zu können. Außerdem sollte sich kein Azubi zu fein dafür sein, sich auch mal die Hände schmutzig zu machen: „Man steht fast den ganzen Tag in der Werkshalle, da muss man auch mit anpacken“, sagt Neuhaus.

Abhängig von Daten

Wer den Beruf lernt, muss sich auf Schicht- und Bereitschaftsdienste einstellen. Darauf weist Axel Kaufmann vom Bundesinstitut für Berufs- bildung (BIBB) hin. Während der Ausbildung verdienen Jugendliche laut der Bundesagentur für Arbeit in der Industrie zwischen 860 und 957 Euro pro Monat, im Handwerk sind es zwischen 375 bis 744 Euro. Nach der Ausbildung steigen die Fachkräfte mit einem Lohn von 1500 bis 2500 Euro brutto pro Monat ein. Es kann in Einzelfällen aber auch einmal deutlich mehr oder weniger sein.

Angefangen hat Andre Neuhaus seine Ausbildung in der Lehrwerkstatt. Dort lernte er grundlegende handwerkliche Fähigkeiten wie Fräsen, Sägen, Bohren und das Schleifen an Drehmaschinen. Danach hat er angefangen, im Betrieb mitzuarbeiten und in die Details der täglichen Arbeit einzutauchen. In Zukunft werde sich der Beruf weiter wandeln, sagt Thilo Karrenberg. „Die Maschinen werden moderner, gleichzeitig aber immer abhängiger von Daten und Elektronik“, sagt er. Facharbeiter seien in der Branche aber unverzichtbar, gerade wegen der modernen Maschinen. „Aber der Trend geht hin zur Elektrotechnik und weg von der eigentlichen Mechanik.“

Beste Aussichten

In der Berufsschule geht es für angehende Zerspanungsmechaniker vor allem um mathematische und technische Grundlagen: Wie schnell darf sich ein Werkzeug drehen? Wie verhalten sich verschiedene Materialien in der Bearbeitung?

Nach der Ausbildung können Zerspanungsmechaniker einen Meister oder Techniker draufsatteln. Eine andere Möglichkeit ist, sich im Bereich Produktionsplanung, Projektmanagement oder Werkzeugvertrieb fortzubilden. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind für die Fachkräfte gut. Laut Axel Kaufmann vom BIBB werden in der Metallbranche derzeit Fachkräfte gesucht. Auch für Andre Neuhaus stehen die Chancen gut, nach seiner Ausbildung im Velberter Unternehmen übernommen zu werden. Natürlich sei das ein gutes Gefühl. Womöglich werde er aber auch andere Wege gehen: „Ein Studium könnte ich mir auch noch vorstellen“, sagt der 21-Jährige.


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