Das eigene Ich als Marke

Vom Personal Branding spricht man, wenn sich Berufstätige selbst zur Marke machen. Dazu sollte man auf inspirierende Aspekte der eigenen Vita setzen. Das Selbstmarketing kann aber auch nach hinten losgehen.

122965242.jpg

Beim Personal Branding machen sich Berufstätige selbst zur Marke. Wem das überzeugend gelingt, der kann aus der Masse herausstechen. Bild: Monique Wüstenhagen/dpa, Porträt: Christoph Kassette/dpa

Von Sofie Czilwik, dpa

München/Basel. Menschen folgen lieber Menschen und nicht Marken. Das ist die Überzeugung von Ibrahim Evsan. Seit zehn Jahren berät der Digitalisierungsexperte aus München Unternehmer und Freischaffende dabei, wie sie sich selbst zur Marke machen. Ob Elon Musk Chef von Tesla ist oder von Apple, sei egal, führt Evsan als Beispiel an. Es gehe um die Person Elon Musk – und wofür er steht. Der Unternehmer verkauft sich als Visionär, als Weltverbesserer, gleichzeitig gilt er als aufbrausend und unberechenbar. Damit ist er erfolgreich – zumindest im Netz: Dem offiziellen Twitter-Account von Tesla folgen knapp 4 Millionen Follower, Elon Musk mehr als 27 Millionen. Jedem, der sich auf dem Arbeitsmarkt etablieren will, ob als Architekt, Fotograf oder Designer, aber auch als Arbeitnehmer, hilft eine Marke, die ihn aus der Masse heraushebt.

122965258.jpg

Wenn nur das Ego spricht und kein Inhalt vermittelt wird, ist die eigene Marke sinnlos.

Ibrahim Evsan

Kern herausfinden

Personal Branding, wie die persönliche Markenbildung aus dem Englischen übersetzt werden kann, stehe in Deutschland noch am Anfang, sagt Evsan. Sie werde aber immer wichtiger. Evsan hat seine eigene Marke selbst über Jahre aufgebaut und dafür von Anfang an das Internet genutzt. Auf seinem Twitter-Account ließ er die Öffentlichkeit daran teilhaben, wie er seine eigene Geschäftsidee entwickelte. Sein Thema: Wie baue ich meine Personal Brand auf? Heute wird er zu Konferenzen eingeladen und gilt als Experte auf dem Gebiet. Petra Wüst, Expertin und Coach für Self Branding und Selbstmarketing aus Basel, empfiehlt zu Beginn der Markenbildung immer den Blick nach innen: „Als erstes muss man seinen individuellen Kern herausfinden.“ Fragen wie „Wer bin ich?“, „Was sind meine Stärken?“ und „Welche Emotionen habe ich?“ stünden am Anfang der Entwicklung einer eigenen Marke.

Mit ihren Kunden arbeitet die Beraterin deren drei größte Stärken heraus. Die Kombination dieser drei Stärken ergibt in der Regel das Besondere einer Marke. „Jeder Mensch ist einzigartig“, sagt Wüst. Diese Einzigartigkeit müsse man nur sichtbar machen. Für Evsan ist bei der persönlichen Marke vor allem wichtig, sich bewusst zu werden, welche Botschaften man senden möchte: „In welchem Thema kenne ich mich aus? Was ist meine Leidenschaft und wen möchte ich erreichen?“ Diese Fragen seien essenziell, um zu verstehen, für was man steht und für wen das relevant sein könnte. Dann entwickele man seine eigene Geschichte, eine Erzählung über sich selbst, in der herausgearbeitet wird, welche Ereignisse und Erfolge einen zu dem Menschen gemacht haben, der man ist. „Den inspirierenden Funken“ in der eigenen Vita finden, formuliert es Evsan. Petra Wüst betont, dass Berufstätige lernen müssen, den eigenen Lebenslauf wertzuschätzen. „Am besten ist es, eine Leistung hervorzuheben, auf die man selbst stolz ist.“ Das sage nicht nur viel über das eigene Können, sondern auch über die eigenen Präferenzen aus.

Ein eigenes Profil, das mithilfe einer Personal Brand zur Vermarktung dient, kann Einzelnen dabei helfen, aus der Masse herauszustechen. Evsan empfiehlt, sich früh zu überlegen, auf welchen Online-Plattformen man vertreten sein möchte: Twitter, Facebook, Linkedin oder doch eine eigene Website? Die Pflege des digitalen Ichs kostet aber Zeit. Deshalb muss jeder für sich abwägen, welche Portale ihn in seiner Branche weiterbringen. Die Darstellung in sozialen Netzwerken ist nicht nur für die eigene Dienstleistung von Bedeutung. Je mehr Menschen einem in den sozialen Netzwerken folgen, desto höher wird auch der Marktwert des eigenen Profils. Arbeitgeber wissen das. Mit vielen Followern könne unter Umständen das doppelte Gehalt ausgehandelt werden, sollte man sich entschließen, sich in einer Firma anstellen zu lassen, so Evsans Einschätzung.

Bitte mit Substanz

Doch nicht alle Unternehmen sehen es gerne, wenn ihre Mitarbeiter in sozialen Netzwerken präsent sind. Michael Bernecker, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Marketing (DIM), sagt, einige Arbeitgeber verbieten Facebook und Co. am Arbeitsplatz – vor allem in Industriebetrieben, in denen die Chefs nicht mit dem Internet aufgewachsen sind und die Diskretion schätzten. Personal Branding hänge immer vom beruflichen Kontext ab. Für alle Freiberufler und alle Arbeitnehmer oder Führungskräfte, die in ihrer Arbeit eine hohe Sichtbarkeit benötigten, sei eine Personal Brand jedoch essenziell.

Der einzige Nachteil beim Personal Branding: wenn die Marke etwas Falsches vermittelt. „Personal Branding funktioniert nicht, wenn es keine Substanz hat“, so Bernecker. „Wenn nur das Ego spricht und kein Inhalt vermittelt wird, ist die eigene Marke sinnlos“, ergänzt Evsan.

„Branding ist kein Wunschkonzert“, findet Petra Wüst. Man könne sein eigenes Ich nicht erfinden oder von jemandem anderen kopieren. Und sie fügt hinzu: „Wer versucht es allen recht zu machen, der ist nichts für niemanden.“ Zu einer authentischen Marke gehören auch Ecken und Kanten, und die gefallen nicht allen.


Bitte stimmen Sie der Einwilligung zu.