Die Arbeit im Familienunternehmen

Familie und Berufsleben – für viele Menschen sind das getrennte Themen. In Familienbetrieben aber sind sie eng miteinander verknüpft. Das macht die Arbeit dort oft emotionaler als anderswo. Daraus entstehen Herausforderungen und Chancen.

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Wenn der Vater an den Sohn übergibt: Themen wie die Unternehmensnachfolge können in Familienunternehmen für Konflikte sorgen. Bild: Daniel Ingold/Westend61/dpa

 

Von Felicitas Allmann

München/Königstein. (dpa/tmn) Ein kleiner Bäckereibetrieb, in dem Vater und Tochter gemeinsam die Geschäfte führen. Oder aber ein international tätiger Küchenhersteller mit tausend Mitarbeitern: Familienunternehmen haben viele Gesichter. Entscheidend ist, dass die Familie die Kontrolle über das Unternehmen ausübt und eigenes Kapital investiert, erklärt Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen in München.

In einem Familienbetrieb birgt vor allem die emotionale Komponente großes Konfliktpotenzial. Gleichzeitig kann er ein attraktiver Arbeitgeber mit besonderer Unternehmenskultur sein. Bei Arbeitnehmern und Bewerbern haben Familienunternehmen grundsätzlich einen guten Ruf. Eine Langzeituntersuchung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen habe gezeigt, dass sie für eine gute Arbeitsatmosphäre, die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Arbeiten, flache Hierarchien und einen kooperativen Führungsstil stehen, so Heidbreder.

Außerdem seien viele Unternehmerfamilien an langfristigem Erfolg orientiert. Sie verfolgen den Wunsch, eine stabile Firma an die nächste Generation weiterzugeben und dabei unabhängig zu bleiben.

Für Julia David, Beraterin und Coach von Familienunternehmen, liegt ein besonderes Merkmal in der Kultur der Betriebe: „Sie ist in der Regel stark durch die Unternehmerfamilie selbst geprägt.“ Traditionsbewusstsein, Werteorientierung, ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Leidenschaft spielen dabei oftmals eine Rolle.

Gefühle im Spiel

Diese Leidenschaft kann aber dazu führen, dass bei der Gestaltung des Unternehmens mehr Gefühle im Spiel sind als in anderen Betrieben: „Es kommt häufig vor, dass die Führung stärker von emotionalen Entscheidungen geprägt ist als in Konzernen. Denn die Sicherung des Familienunternehmens hat für die Führungsspitze oft Priorität“, sagt Julia David.

Diese starke Emotionalität kann ein Risiko sein: „Oft besteht ein sehr komplexes Geflecht, das viel Konfliktpotenzial mit sich bringt“, sagt Julia David. Das kann die Familienstrukturen betreffen, aber auch die strategische Ausrichtung des Unternehmens oder dessen Wirtschaftlichkeit. Vor allem Übergangsphasen, in denen eine neue Generation an die Spitze kommt, seien für die Familie und das ganze Unternehmen eine besondere Herausforderung.

„Wichtig ist, ob sich die nachfolgende Generation – nach allen Ausbildungsgängen, Studium, möglicherweise Auslandsaufenthalt und Tätigkeit in einem anderen Unternehmen – nun selbstentschieden der Herausforderung stellen möchte, dieses Unternehmen in die Zukunft zu führen“, sagt Angelica Egerth. Die Beraterin aus Berlin begleitet Generationswechsel in Familienunternehmen.

Unerlässlich sei die Motivation, selbst Unternehmer sein zu wollen. Außerdem hilfreich: Wenn der Unternehmensnachfolger zwischendurch einen anderen Arbeitgeber kennengelernt hat. „Möglichst einige Stationen selbst durchlebt und erarbeitet zu haben, gibt enorme Selbstsicherheit und macht Mut, neue Wege zu gehen“, erklärt Egerth.

Bei der Entscheidung, ob man als Unternehmersohn oder -tochter die Nachfolge antreten möchte, kann der Austausch mit Personen helfen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Wie gut die Übergabe von einer Generation zur nächsten läuft, hängt von persönlichen Faktoren ab. „Das ist eine Frage des Respekts und des Umgangs auf Augenhöhe“, sagt Egerth. „Es muss möglich sein, diese besondere Art der Kommunikation zu leben.“ Sonst leidet das enge Verhältnis innerhalb der Familie schnell.

Nicht nur Familie im Blick

Bei der Übergabe darf man aber nicht nur die Familie im Blick haben: „Sobald eine Nachfolgeentscheidung getroffen wurde, sollte man das möglichst schnell an Schlüsselpersonen wie Kunden, Lieferanten oder Kapitalgeber kommunizieren“, rät Julia David. Auch die Mitarbeiter sollten bald erfahren, was sich an der Spitze des Unternehmens tut: „Eine Veränderung bringt per se schon Verunsicherung bei der Belegschaft mit sich“, sagt Julia David. „Hier ist Transparenz von der Führungsebene aus immer sinnvoll.“

Andernfalls kippt womöglich die Stimmung in der gesamten Firma: Ist die künftige Aufstellung und Ausrichtung des Unternehmens nicht klar, führe das zu Unsicherheit und Unzufriedenheit, erklärt David.

Obwohl die Führung des Unternehmens normalerweise in der Hand der Familie liegt: Andere Mitarbeiter müssen – je nach Größe des Betriebs - nicht befürchten, keine Aufstiegschancen zu haben. „Größere Familienunternehmen haben naturgemäß einen hohen Bedarf an externen Führungskräften“, sagt Stefan Heidbreder. Oft sei es eine strategische Entscheidung, relevante Positionen mit Nicht-Familienmitgliedern zu besetzen. „Der fremde und frische Blick bringt zusätzliche Expertise ein – und womöglich auch neue Impulse für die positive Fortentwicklung des Unternehmens.“


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