Geselle, und jetzt?

Fachwirt, Meister oder Fachkraft, staatlich oder öffentlich geprüft: Wer sich nach der Ausbildung weiterbilden will, wird schnell von der Flut verschiedener Möglichkeiten erschlagen. Einen Weg durch das Dickicht zu suchen, lohnt sich aber – nicht nur finanziell.

Bielefeld. (dpa/tmn) Mit der Schule tun sich viele junge Leute schon schwer. Eine passende Ausbildung zu finden, ist oft nicht leicht. Abschluss- prüfungen sind oft knifflig. Doch da- nach ist es endlich vorbei mit dem Büffeln, oder? Leider nein: „Lebens- langes Lernen“ lautet das Stichwort, auch und gerade bei Ausbildungsberufen.

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Ein großer Schritt nach vorne: Viele Gesellen hängen nach der bestandenen Ausbildung noch den Meister dran. Vor allem im Handwerk ist der Titel oft Voraussetzung für eine Selbstständigkeit. Bild: dpa-tmn

Auf dem Laufenden bleiben

Doch lohnt sich das überhaupt? „Fort- und Weiterbildungen rentieren sich immer“, sagt Gabriele Braun, Bildungsberaterin bei der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe. Sie unterscheidet zwischen drei Bereichen: Erstens Aufstiegsfortbildungen für höhere Qualifikationen und Positionen, zweitens fachliche Weiterbildungen zum Vertiefen be- stimmter Wissensbereiche. Und drittens gibt es noch die Verbesserung persönlicher Fähigkeiten – Führungsqualitäten, Rhetorik, Computerwissen oder Fremdsprachenkenntnisse zum Beispiel.

Im Handwerk ist der Meister der wichtigste zweite Schritt nach der Gesellenprüfung. „Viele beginnen mit den Meistervorbereitungskursen direkt nach der Ausbildung“, erzählt Braun. Auf dem Weg zum Meister werden Ausbildungsinhalte vertieft und neue geschult, kaufmännisches Wissen und Führungsfähigkeiten zum Beispiel. Der Meister hat im Deutschen Qualifikationsrahmen das gleiche Niveau wie ein Bachelorabschluss an Hochschulen. In machen Handwerksberufen ist er auch Voraussetzung für eine Selbstständigkeit – bei Maurern, Dachdeckern oder Klempnern zum Beispiel.

Wer mindestens ein Jahr in seinem gelernten Ausbildungsberuf gearbeitet hat, kann auch eine Fachschule für Technik besuchen – beispielsweise in den Fachrichtungen Bautechnik, Elektrotechnik, Medizintechnik oder Textiltechnik. An einer staatlichen Schule erwirbt man mit dem Abschluss den Titel „Staatlich geprüfter Techniker“ an einer privaten den „Staatlich anerkannten Techniker“. Zwei Jahre dauert die Weiterbildung in Vollzeit, es gibt aber auch berufsbegleitende Angebote.

Weniger zeitintensiv sind oft fachliche Weiterbildungen. Gabriele Braun nennt als Beispiel die Fachkraft für intelligente Gebäudetechnologie: „Das ist etwas, das nachgefragt wird.“ Vor allem in technischen Berufen sei es wichtig, auf dem Laufenden zu bleiben. „Aber eigentlich ist es unerheblich, welchen Beruf man gelernt hat. Es gibt immer Möglichkeiten, sich weiterzubilden.“

Ein Bäckereifachverkäufer etwa könne sich zum Verkaufsleiter weiterbilden oder eine Fortbildung im kaufmännischen Bereich absolvieren. „Fort- und Weiterbildungen zeigen Leistungsbereitschaft, Freude am Lernen und Zielstrebigkeit.“

Positive Effekte

Auch die Industrie- und Handelskammern bieten ein breites Spektrum an Weiterbildungen. Auf der ersten Stufe nach der Ausbildung gibt es etwa Servicetechniker und Fachberater. Danach folgen Fachwirte, Fachkaufleute, Geprüfte Aus- und Weiterbildungspädagogen, Operative IT-Professionals und ebenfalls der Meister.

Zum Fachwirt können sich Berufs- tätige in mehr als 40 Fachrichtungen weiterbilden lassen – darunter Immobilien, Tourismus, Marketing oder Energiewirtschaft. Voraussetzung ist ein Ausbildungsabschluss und ein Jahr Berufserfahrung. Wer zum Beispiel in der Buchhaltung oder im Personalwesen arbeitet, kann zudem Fachkaufmann oder Fachkauffrau werden. Dazu braucht es allerdings mehrere Jahre Berufserfahrung.

Auf derselben Stufe steht der Industriemeister – mit Fachrichtungen wie Elektrotechnik, Luftfahrttechnik, Mechatronik oder Lebensmittel. Daneben gibt es auch Fachmeister, die nicht mit der industriellen Produktion beschäftigt sind, in der Logistik oder der Veranstaltungstechnik zum Beispiel. Für eine geplante Selbstständigkeit ist ein Meister eine gute Grundlage, erklärt Knut Diekmann, Referent für Grundsatzfragen und Weiterbildungspolitik beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Ein Muss ist der Meisterbrief hier aber nicht.

Und wer Führungsverantwortung anstrebt, kann sich unter anderem zum Geprüften Betriebswirt, zum Geprüften Technischen Betriebswirt, Geprüften Berufspädagogen oder Strategischen IT-Professional weiterbilden. Diese Abschlüsse sind vergleichbar mit einem Master an der Hochschule.

Doch was bringt das? Zunächst einmal mehr Geld: Umfragen des DIHK unter Absolventen von Aufstiegsfortbildungen zeigen, dass die meisten von ihnen positive Effekte in Bezug auf ihr Gehalt oder ihre Stellung im Unternehmen sehen. Auch im Vergleich zu gleichwertigen akademischen Abschlüssen zeigen sich Unterschiede erst spät im Berufsleben, sagt Diekmann – wenn es vielleicht um die ganz große Karriere geht. „Fachwirte und Meister stehen Hochschulabsolventen in den ersten fünf Berufsjahren in nichts nach.“

Förderung möglich

Beratung zu den vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten bietet beispielsweise der Telefonservice des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Außerdem gibt es regionale Angebote wie die vom Berliner Senat geförderte Weiterbildungsdatenbank (WDB), betrieben gemeinsam mit dem Land Brandenburg.

Die Suche in solchen Datenbanken kann allerdings knifflig sein, warnt Horst Junghans, Bildungsberater bei der WDB. Denn leider seien bei einigen Anbietern Überschriften und Inhalte schwammig formuliert. „Der Kurs muss einen eindeutigen Namen haben“, sagt er und empfiehlt, sich den Anbieter vorher genau anzusehen.

Unbedingt rät Junghans auch da- zu, sich über Fördermöglichkeiten des Bundes und der Länder zu informieren. Für angehende Meister gibt es zum Beispiel Bildungsprämien oder das Aufstiegs-Bafög. „Weiterbildung begleitet uns ein Leben lang. Es gibt meiner Erfahrung nach keinen Beruf, in dem eine Weiterbildung nicht sinnvoll ist“, sagt er. Und das nicht nur des Geldes wegen – sondern auch für das Selbstbewusstsein und die Wertschätzung seitens der Kollegen.


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