Ausgestorben ist das Büro auch mit der Pandemie nicht. Vermehrt arbeiten Beschäftigte aber zumindest an einigen Tagen aus dem Home-Office. Was bedeutet die neue Arbeitslandschaft für das Onboarding?
Beim hybriden Onboarding ist es Experten zufolge wichtig, dass die Einarbeitung sowohl am Arbeitsplatz vor Ort als auch zu Hause stattfindet. Bild: Christin Klose/dpa
Berlin/Tangstedt. (dpa) Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt aufgerüttelt, viele wechselten von einem Tag auf den anderen an den heimischen Schreibtisch. Im Juli 2021 allerdings arbeitete vorerst nur noch gut ein Viertel der Beschäftig- ten zumindest zeitweise zu Hause, schätzte zuletzt das Münchener Ifo-Institut. Dennoch: Viele Unternehmen gestalten die Arbeit mittlerweile flexibler als vor der Pandemie. Dazu gehört, dass die Belegschaft zum Teil im Home-Office und zum Teil im Büro arbeiten kann. Für diese Mischform hat sich die Bezeichnung hybrides Arbeiten durchgesetzt. Was bedeutet das für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die neu an Bord kommen? Wie gelingt das hybride Onboarding?
■ Die Grundvoraussetzungen
Zunächst müssen die Rahmenbedingungen stimmen. „Klarheit und Orientierung sind für das hybride Arbeiten in wechselnden Settings Grundvoraussetzung, damit ich mich sowohl in der virtuellen Arbeitsumgebung als auch am Arbeitsplatz auskenne“, sagt Katrin Glatzel, Autorin des Buches „Colla- borative Leadership“ und Beraterin bei Osb International in Berlin. Dafür müssen neue Teammitglieder etwa wissen, wann sie im Büro oder am Arbeitsplatz sein werden und wann sie von zu Hause aus arbeiten. Zudem müssen sie eine Einführung in beide Arbeitsweisen bekommen: Wo ist mein Arbeitsplatz, wer ist vor Ort ansprechbar, gibt es einen digitalen Team-Check-in, welche Zugänge nutzt man? Solche Fragen dürfen nicht offenbleiben. „Die technische Ausstattung muss nicht nur da sein“, so Glatzel weiter. Neue Teammitglieder müssen sich mit der Software und den Tools auch auskennen. Nicht zuletzt gehört es der Beraterin zufolge zu den Grundvoraussetzungen, dass ein Kennenlernen-Termin mit dem Team stattfinde. „Egal, ob das digital oder in Präsenz abläuft.“
■ Buddy-Programme und Patenschaften
Alexander Hein, Inhaber der Beratungsagentur „WIU – Work it up“, empfiehlt beim Onboarding „konkrete Patenschaften“. So gebe es in allen Fällen immer einen greifbaren Ansprechpartner für das neue Teammitglied. Auch Fabian Treiber hat sich in seinem Masterstudium an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin mit Onboarding-Prozessen auseinandergesetzt. Als Leiter eines studentischen Forschungsprojekts hat er gemeinsam mit seinem Team herausgefunden, dass sogenannte „Buddy-Programme“ sehr positiv aufgenommen werden. „Bei unseren Befragungen in Unternehmen haben wir vielfach das Feedback bekommen, dass Mitarbeitende Probleme haben, sich zu vernetzen“, sagt Treiber. Ein Buddy-Programm, bei dem einem neuen Teammitglied ein fester Ansprechpartner zur Seite gestellt wird, kann dann helfen. „In der ersten Woche geht es zum Beispiel darum, gemeinsam morgens einen kurzen Check-in und abends einen Check-out zu machen. Da fragt man dann: Wie geht’s dir? Hast du alle Programme und Zugänge, die du brauchst? Passt alles oder brauchst du weitere Unterstützung?“ Aufgabe des Buddys sei es, besonders durch die erste Zeit im neuen Job zu helfen, später ist er nur noch bedarfsweise zur Stelle.
■ Verbindliche Pläne
„Team Büro“ und „Team Home-Office“, fliegender Wechsel, freitags plötzlich keiner da: Je flexibler ein Unternehmen Arbeitsmodelle handhabt, desto unübersichtlicher kann es werden. Katrin Glatzel plädiert für einen Planungshorizont von vier Wochen. „Längere Zeiten können wir im Augenblick gar nicht überschauen.“ Für den Vier-Wochen-Plan empfiehlt die Beraterin etwa einen Kalender, in dem ein Team sichtbar macht, wer wann wo ist. Häufig haben Teams auch feste Tage, zu denen sich alle am Arbeitsplatz treffen. Glatzel rät, das beim Onboarding ebenso zu handhaben: „Wenn man davon ausgeht, dass es ein Bürojob ist, in dem es auch in Zukunft ein hybrides Setting aus Präsenz- und Remote-Arbeit geben wird, sollte man das auch von Anfang an so starten.“ Ansonsten gewöhne man sich zu schnell an eine Situation. Gerade der Wechsel zurück ins Büro falle vielen schwer.
■ Die Mischung macht’s
Wie viele Tage Präsenzarbeit, wie viele Tage Home-Office bieten sich während des Onboardings an? Alexander Hein zufolge ist das sehr abhängig von Branche, Unternehmen, Mitarbeiterstruktur und den Mitarbeitern selbst. „Ganz grob gesprochen, bewährt sich jedoch oft die 2/ 3- oder 3/2-Umsetzung“, so der Berater. Heißt also zwei oder drei Tage im Büro, die Restwoche im Home-Office oder umgekehrt. Dadurch lasse sich eine gute Balance zwischen der Arbeit vor Ort für Meetings oder Abstimmungen und Home-Office erreichen. „Wichtig ist natürlich die Abstimmung mit dem gesamten Team direkt zu Beginn der Zusammenarbeit und eine faire Planung für alle Beteiligten.“ Für Fabian Treiber gilt es vor allem zu prüfen: Was muss wirklich im Büro stattfinden? „Der erste Tag bietet sich also zum Beispiel an, weil man das etwa mit einer Office- Tour und einem ersten Team-Lunch verknüpfen kann.“ Später komme es dann darauf an, welche Arbeitsmodelle das jeweilige Unternehmen vorsieht.
„Klarheit und Orientierung sind für das hybride Arbeiten in wechselnden Settings Grundvoraussetzung, damit ich mich sowohl in der virtuellen Arbeitsumgebung als auch am Arbeitsplatz auskenne.“
Katrin Glatzel, Autorin des Buches „Collaborative Leadership“ und Beraterin bei Osb International in Berlin
■ Die Rolle der Führungskraft
Rolle der Führungskraft im Onboarding-Prozess sei es vor allem, für Klarheit und Orientierung zu sorgen, sagt Glatzel. „Wie ist unser Verständnis von hybridem Arbeiten? Wann erwarte ich, dass du auch in Präsenz da bist? Was sind die Erwartungen an deine Stelle?“ Die Führungskraft ist zudem dafür verantwortlich, dass Kontakt und Kommunikationsmöglichkeiten im Team entstehen. Neben dem Kennenlerntermin geht das etwa, indem einzelne Teammitglieder in Projekten zusammengebracht werden. Hein findet es außerdem wichtig, dass die Führungskraft mit neuen Teammitgliedern deren persönliche Umstände bespricht, die für eine Umsetzung der Arbeit im Home-Office wichtig und kritisch sind. Dabei sei Feingefühl gefragt. Es kann etwa um familiäre Aspekte, die individuellen Wohnumstände oder die Leistungsfähigkeit zu bestimmten Tageszeiten gehen. „Werden diese Themen im Vorfeld geklärt, lassen sich mögliche Missverständnisse vermeiden.“
■ Die Rolle des Teams
Das Team hat laut Glatzel vor allem die Aufgabe, offen und ansprechbar zu sein. Alexander Hein zufolge sollte es sich auf den „Feel-Good“-Faktor konzentrieren. Das schaffe gleich in der ersten Phase eine positive, vertrauensvolle Atmosphäre. Wichtig sei zudem, das Teambuilding im Hybriden „weiter auf dem Schirm“ zu haben, so Glatzel. „Aber die Formate haben sich geändert und hybrid ist es besonders anspruchsvoll.“ Die Beraterin empfiehlt für die derzeitige Situation, sich bei Teamevents für eine Form zu entscheiden, entweder virtuell oder in Präsenz.