Handwerk trifft Kochkunst

(dpa/tmn) Seine Arbeit beginnt Felix Wendlandt mit einer Aufgabe, die man von einem Fleischer nicht unbedingt erwarten würde. Er rechnet. Nachdem Fleischwolf, Füllmaschine und andere Geräte, die für die Produktion der Wurst gebraucht werden, zusammengesetzt sind, beginnt die Kalkulation. Wie viel Salz, Pfeffer und Gewürze braucht es für die geplanten Wurstmengen?

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Das fertige Produkt: Wurstfüllung mischen Fleischer jeden Tag frisch aus Gewürzen und Rohfleisch an. Bild: dpa

Blick auf die Waage

Wendlandt kennt die Rezepte und muss die benötigten Mengen entsprechend hochrechnen und abwiegen. Fehler sind nicht erlaubt. Kommt zu viel Salz in die Fleischmischung, ist die ganze Produktion unbrauchbar. Versalzene Würste will ja keiner essen. Der 32-Jährige, der bei der Berliner Fleischerei Kluge ausgebildet wird, schaut aus dem Grund lieber zweimal auf die Zahlen der Waage.

Wendlandt ist im zweiten Lehrjahr. Seine aktuelle Station ist die Produktion. Dort ist es meist kühl, die Temperatur liegt bei circa zehn Grad. Das Fleisch darf nicht zu warm werden, sonst können sich Keime bilden. Außerdem kann austretendes Fett den Fleischwolf ungewollt schmieren. Nur bei Kochwurst darf es im Produktionsraum wärmer sein. Richtig frisch ist es dagegen in den Kühlräumen, wo das Fleisch gelagert wird. Zwei bis vier Grad herrschen dort, damit Mikroorganismen keine Chance haben.

Anpacken und Kreativität

Um Fleischer zu werden, kommt es aber nicht darauf an, Kälte aushalten zu können. Andere Dinge zählen mehr. Handwerkliches Geschick etwa: Beim Zerlegen von Schweinehälften kommen Messer, Sägen und Beile zum Einsatz. Den richtigen Umgang damit lernen Azubis zwar, sagt Klaus Gerlach, Obermeister der Berliner Fleischer-Innung. Aber eine gewisse Begabung ist von Vorteil. Wer Ekel vor Fleisch empfindet, für den ist dieser Beruf natürlich nichts.

Fleischer begleiten das tote Tier ab der Schlachterei bis zur Verkaufstheke: Sie zerlegen es, stellen Wurst, Hackfleisch oder Pökelware aber auch Feinkostsalate her, beraten Kunden und kochen sogar Mittagessen. „Es ist ein abwechslungsreicher Beruf, bei dem man viel über Lebensmittel lernt“, sagt Wendlandt, der nach dem Gesellen gerne noch den Meister machen möchte.

Dem Azubi gefällt die Mischung aus Anpacken und Kreativität. Beim Kreieren neuer Wurstsorten ist erstmal alles erlaubt. Lammbratwurst mit Ingwer und Minze oder Sushi-Wasabi-Bratwurst – das sind nur zwei Kombinationen, bei denen er schon mitgearbeitet hat. „Das Wurstmachen macht richtig Spaß.“ Zu den Dingen, die weniger Spaß machen, zählt das Putzen. Jeden Tag müssen alle Geräte und Arbeitsflächen geschrubbt werden. Spezialreiniger lösen Eiweiße und Fette auf. „Das ist ein großer und wichtiger Teil der Arbeit und muss einfach gemacht werden.“ Wo Fleisch verarbeitet wird, darf kein Schmutz sein.

Die duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule dauert drei Jahre. Eine bestimmte Schulbildung ist nicht vorgeschrieben. „Mindestens ein Hauptschulabschluss wäre aber schön“, sagt Gerlach. Wie die Statistik zeigt, hat ein Großteil der Auszubildenden einen Hauptschulabschluss.

Die Vergütungen schwanken. Laut Deutschem Fleischer-Verband bekommen Azubis im ersten Lehrjahr zwischen 400 und 700 Euro. Bis zum dritten Lehrjahr steigt ihr Verdienst auf 600 bis 1000 Euro. Die Erhebungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) für den Westen gehen in eine ähnliche Richtung. Im Osten dagegen verdienen Fleischer-Azubis laut BIBB im Durchschnitt viel weniger: Demnach gibt es für sie im ersten Lehrjahr 310, im dritten Lehrjahr 465 Euro. Nach der Lehre können Fleischer nicht nur ihren Meister machen. Sie können sich etwa zum Verkaufsleiter im Nahrungsmittelhandwerk oder zum Lebensmitteltechniker weiterbilden.

Respekt vor dem Rohstoff

In der Lehre werden Fleischer nicht nur Fachleute für die Fleischstücke, sondern auch für deren Zubereitung. Sie müssen Kunden beraten können, wie die das Fleisch weiterverarbeiten sollen. „Ich kenne keinen Fleischer, der nicht kochen kann“, sagt Gerlach.

Auch Wendlandt kocht leidenschaftlich gerne. Das war einer der Gründe, warum er sich für diese Ausbildung entschieden hat. Kochen und besondere Würste und Fleischstücke herstellen sind dann auch die Wahlqualifikationen, für die er sich entschieden hat. Insgesamt stehen Fleischer-Azubis sechs solcher Module zur Wahl, von denen sie zwei belegen müssen. Zu den weiteren Wahlmodulen zählen etwa Schlachten oder Veranstaltungsservice.

„Es ist immer verbreiteter, dass im Geschäft noch ein Imbiss oder Partyservice betrieben wird“, sagt Eva Rothe vom BIBB. Das Schlachten zum Beispiel sei ein Wahlmodul, da längst nicht mehr in allen Betrieben Tiere geschlachtet werden. Oft holen Fleischer die Tierkörper frühmorgens vom Schlachter ab und verarbeiten sie dann weiter.

Dass für seine Arbeit Tiere sterben, ist Wendlandt bewusst. Es sei wichtig, dass man Fleisch als Rohstoff mit Respekt behandelt, sagt er.


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