Mit Geduld und Geschick

Ketten, Ohrringe, Armbänder: Goldschmiede stellen in Handarbeit Schmuck her oder reparieren ihn. Auch wenn der Beruf sich wandelt und technischer wird – vor dreckigen Händen sollte man nicht zurückschrecken.

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Beim Schmieden ist Konzentration gefragt: Das hat Gwendolin Proksch, die im zweiten Lehrjahr ihrer Ausbildung zur Goldschmiedin ist, bereits verinnerlicht. Bild: Peter Steffen/dpa-tmn

 

Hannover. (dpa/tmn) Gwendolin Proksch, die kurzen Locken zu einem Knoten gebunden, die Ärmel ihres karierten Hemds aufgekrempelt, arbeitet konzentriert an einem Kastenschloss. Es ist nicht ihr erster Versuch, so einen Armbandverschluss herzustellen. „Das ist schon kompliziert. Es dauert ein bisschen, bis man das beherrscht“, sagt die 21-Jährige, die bei der Goldschmiede Stichnoth in Hannover eine dreieinhalbjährige Ausbildung absolviert.

Drei Fachrichtungen

Nach ihrem Realschulabschluss hat sie zuerst eine Ausbildung als Grafikerin gemacht. „Aber in dem Beruf habe ich mich nicht so wohlgefühlt“, erzählt sie. In der Goldschmiedewerkstatt ist das anders. „Schon beim Probearbeiten war ich megabegeistert.“ Proksch stammt aus der Nähe von Leipzig und hat sich deutschlandweit für eine Stelle als angehende Goldschmiedin beworben. „Es ist sehr schwierig, einen Ausbildungsplatz zu finden“, so ihre Erfahrung.

Die Goldschmiede Stichnoth ist ein mittelständischer Betrieb mit 22 Goldschmieden und neun Azubis. „Wir sind Schnittstelle zwischen traditionellen Goldschmieden und der Schmuckindustrie“, erklärt die Gesellin Miriam Gonnissen, die bei Stichnoth die Ausbildung anleitet.

Traditionell gebe es in der Branche kleine Werkstätten, sagt Rainer Fein vom Zentralverband der Deutschen Goldschmiede, Silberschmiede und Juweliere. Die Schmuckindustrie produziert aber auch mit größeren Maschinen in Serie. In einem solchen Betrieb hat Miriam Gonnissen ihre Ausbildung gemacht. Letztendlich ist es typabhängig, wofür man sich entscheidet.

Angehende Goldschmiede und Goldschmiedinnen können zwischen den Fachrichtungen Schmuck, Juwelen oder Ketten wählen. Sie gestalten beispielsweise Ohrringe, Ringe und Armbänder und reparieren diese. Mitbringen sollten sie handwerkliches Geschick, Genauigkeit, Kreativität, Geduld, technisches Verständnis und logisches Denkvermögen, sagt Miriam Gonnissen. Es reiche nicht aus, sich gerne mit Schmuck zu umgeben. „Man bekommt auch schmutzige Hände dabei.

Messingbleche sägen, feilen, später löten und schmieden – diese Tätigkeiten stehen in der Ausbildung zum Goldschmied auf dem Lehrplan. „Das Schmieden ist sehr kräftezehrend und eine krasse Konzentrationsleistung“, erzählt Gwendolin Proksch. Gerade am Anfang der Ausbildung dürfe man seiner Phantasie freien Lauf lassen, sagt sie. Wer wie Proksch im zweiten Lehrjahr ist, bekommt dann schon erste Kundenaufträge, vor allem Reparaturen.

Reger Zulauf

Wie in anderen Handwerksberufen sind auch beim Goldschmied die Ausbildungszahlen rückläufig, berichtet Brigitte Seyfried vom Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn. Allerdings habe der Beruf immer noch regen Zulauf. „Wir sind in der guten Lage, dass wir mehr Bewerbungen haben, als wir unterbringen können“, erklärt Rainer Fein. Wer Goldschmied werden will, braucht Leidenschaft für das Handwerk. Zwar gebe es in allen Regionen Goldschmieden, doch die Arbeitsstellen seien insgesamt rar und die Verdienstmöglichkeiten eingeschränkt, sagt Miriam Gonnissen.

Die Bezahlung in der Ausbildung richtet sich nach dem Betrieb. Aktuell gibt es nur in Baden-Württemberg eine tarifvertragliche Regelung. Dort verdienen angehende Goldschmiede laut Bundesarbeitsagentur im ersten Ausbildungsjahr 1037 Euro, im letzten 1264 Euro. Als beispielhafte tarifliche Bruttogrundvergütung für ausgebildete Goldschmiede gibt die Bundesarbeitsagentur einen monatlichen Verdienst von 2703 bis 3080 Euro an.

Goldschmiedemeister Rainer Fein, der bis zu seiner Rente eine Werkstatt in Stuttgart leitete, glaubt, dass handgemachter Schmuck immer gefragt sein wird. „Die Leute, die das richtig können, werden immer ihr Auskommen haben.“ Dabei spiele das Vertrauen der Kunden eine große Rolle. „An Schmuck hängen Emotionen und Geschichten“, erklärt er. Goldschmiede brauchen Einfühlungsvermögen und Bewusstsein dafür, dass der Ring der Großmutter etwas Besonderes ist.

Miriam Gonnissen beobachtet, wie sich der Beruf ändert und eine stärker technische Ausrichtung bekommt. Goldschmiede arbeiten längst nicht mehr nur am Werkbrett, einem speziellen Tisch mit einer Mulde, in der der Goldschmied sitzt. An 3D-Druckern entstehen zum Beispiel Modelle zum Gießen. Und auch CAD, rechnergestütztes Konstruieren, wird immer wichtiger. Die Daten werden von fünfachsigen Fräsmaschinen oder auch Edelmetalldruckern verarbeitet.

Grundlage für Studium

Die Berufe des Edelsteinfassers und des Silberschmieds sind mit dem des Goldschmieds eng verwandt. Die Grundausbildung ist ähnlich. Deshalb werden alle drei in Zukunft zusammengelegt, erklärt Brigitte Seyfried vom BIBB. In der neuen Ausbildung zum Gold- und Silberschmied werde es vier Fachrichtungen geben: Goldschmieden, Silberschmieden, Edelsteinfassen und Computergestütztes Fertigen.

An die Ausbildung lässt sich klassischerweise ein Meistertitel anschließen. „Gerade Abiturienten nutzen sie aber auch als Grundlage für ein Designstudium“, sagt Brigitte Seyfried. Gwendolin Proksch würde später gerne Workshops geben. Gängig ist auch der Weg in die Selbstständigkeit. Viele von Prokschs Mitschülern träumen davon, später eine eigene Werkstatt zu haben.


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