Mit Prüfungsangst souverän umgehen

(dpa/tmn) Vor einer wichtigen Prüfung aufgeregt zu sein, ist völlig normal. „Es ist eine Situation, die die Gefahr birgt, dass etwas schiefgeht. Dass Angst als Gefahrensignal anspringt, ist eigentlich logisch“, sagt Psychologin Angelika Wuttke von der Universität Düsseldorf. Bei manchen Studenten geht diese Angst jedoch so weit, dass sie kaum die Prüfung bestehen. Wichtig sei, die Angst nicht überhandnehmen zu lassen, sagt Wuttke. „Angst, die man wegzudrücken versucht, wird immer schlimmer.“ Die gute Nachricht für Betroffene: Prüfungsangst lässt sich behandeln.

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Wer Prüfungsangst hat, sollte die Vorbereitung auf die Klausur besonders systematisch angehen. Dazu gehört, sich in Lerngruppen zu organisieren. Im Austausch mit anderen gewinnen viele Sicherheit im Lernstoff. Bild: dpa

Beim Sport abreagieren

Um leichtere Auswirkungen von Prüfungsangst in den Griff zu bekommen, sollten Studierende erst einmal sich selbst beobachten, sagt Prof. Lydia Fehm. Sie leitet als klinische Psychologin die Ausbildungsambulanz des Verhaltenstherapie-Weiterbildungsgangs der Humboldt-Universität zu Berlin. „Wer zum Beispiel kaum noch schlafen kann oder angespannte Muskeln hat, kann Entspannungstechniken üben oder sich aktiv beim Sport abreagieren“, erklärt die Autorin eines Ratgebers zum Thema Prüfungsangst. Auch Aufschieberitis kann ein Zeichen von Prüfungsangst sein. Studenten, die das Lernen vermeiden, weil sie schon beim Aufschlagen des Buchs befürchten, die Prüfung ohnehin nicht zu schaffen, können Lernpläne helfen. „So teilt man den Lernberg in überschaubarere Häufchen auf“, sagt Fehm.

Psychologin Wuttke betont, wie wichtig es ist, die Situation realistisch einzuschätzen. Studenten sollten sich fragen: Kann ich den Stoff, und mache ich mir unnötig Sorgen? Oder habe ich wirklich viel zu wenig gelernt? „Erfolgskontrolle ist das A und O. Wenn ich etwas lerne, muss ich es wiedergeben können. Das kann man üben – und das gibt einem in der Prüfung Sicherheit“, sagt sie.

Das geht recht unkompliziert: Studenten sollen sich Fragen ausdenken, die zu dem Prüfungsstoff gestellt werden können. Die schreiben sie dann auf Karteikarten – mit der jeweiligen Antwort auf der Rückseite. „Man kann sich im ersten Schritt alleine abfragen. Das kann aber auch jeder andere machen, selbst wenn er sich mit dem Stoff gar nicht auskennt. Er muss ja nur schauen, ob die Antwort, die der Student gibt, mit der auf der Karteikarte übereinstimmt.“ Das helfe, um dem Prüfling die Sicherheit zu geben, den Stoff wirklich zu können.

Gegenseitig abfragen

„Gerade bei mündlichen Prüfungen ist es wichtig, dass man das vor anderen übt. So lernt man, auch komplizierte Zusammenhänge in Worte zu fassen. Und wird dann in der Prüfung nicht nervös – man weiß ja, dass man es kann, weil man es schon gemacht hat“, erklärt Wuttke.

Sie rät im zweiten Schritt zu Lerngruppen, in denen sich die Studenten gegenseitig abfragen. In weiteren Einheiten sollten sie Rückfragen zum Stoff stellen, später dann auch weitergehende Fragen. All das helfe, Sicherheit zu gewinnen – und beruhige in der Prüfungssituation.

Was aber, wenn man alleine nicht fertig wird mit dem Druck? Gisela Betz-Klöpfer ist Oberärztin und arbeitet zum Thema. Sie ist in der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen beschäftigt. Sie sagt: „Wenn man sich sehr unfähig fühlt und nicht weiß, wie man die anstehende Prüfung bewältigen soll und das auch nicht mit Hilfe von Freunden oder einer Lerngruppe schafft, sollte man sich professionelle Hilfe suchen.“

Der erste Anlaufpunkt solle dann die Psychologische Beratungsstelle der Universität sein. „Wenn das nicht reicht, kann man einen Therapeuten aufsuchen. Erst der letzte Schritt wäre eine Klinik“, sagt die Medizinerin. Bei einigen Studenten habe die Panik vor der Prüfung ganz andere Ursachen als die Prüfung selbst: „Meiner Erfahrung nach handelt es sich bei extremer Prüfungsangst häufig auch um eine Art Schwellenangst: Es ist die unbewusste Angst vor einem neuen Lebensabschnitt und der damit einhergehenden Veränderung, wirklich Verantwortung übernehmen zu müssen und erwachsen zu werden.“ Das werde in einer Klinik tiefenpsychologisch aufgearbeitet.

Wichtig sei, seine inneren Kritiker unter Kontrolle zu bekommen auch in der eigentlichen Prüfungssituation, sagt Psychologin Wuttke. „Es zeugt von einem sehr unschönen Umgang mit sich selbst, wenn man vorwurfsvoll mit sich umgeht und innerlich selbst beschimpft, dass man die Antwort nicht weiß.“ Man sollte mit sich selbst nicht zu kritisch umgehen, sondern wie mit einer guten Freundin. „Das heißt, man sollte sich beruhigen, auf das hinweisen, was man gelernt hat und sich mit ermutigenden Worten zur Lösung führen. Dadurch schafft man sich wieder die Spielräume, die zum Bewältigen der Aufgabe nötig sind.“

Gisela Betz-Klöpfer rät außerdem zu Realismus: „Man darf nicht zu fixiert sein auf die Prüfung und deren Wichtigkeit nicht überschätzen.“ Es helfe, sich klarzumachen, dass bei den meisten Studiengängen nicht diese eine Note über das weitere Leben entscheide. „Im Großen und Ganzen bewähren wir uns ja später im Beruf - das entscheidet dann über die Karriere, nicht die Note.“


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