Nicht über Geschenke stolpern

(dpa) Ein tolles Vier-Gänge-Menü, VIP-Karten für ein ausverkauftes Fußballspiel oder einfach eine schöne Flasche Rotwein. Wer würde sich darüber nicht freuen? Doch im Job können solche Geschenke – beziehungsweise ihre Annahme – eine Kündigung nach sich ziehen. Und das gilt nicht nur für das Management und die Führungskräfte, sondern auch für die ganz normalen Angestellten.

Bestimmte Vorgaben

Den meisten ist das auch bewusst: „Allzu große Geschenke gibt es meist ohnehin nicht mehr, um die Risiken zu minimieren“, sagt André Kasten, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Berliner Kanzlei Abeln. Ganz verschwunden sind die Aufmerksamkeiten aber nicht – zum Jahresende gibt es sie noch, aber auch von Januar bis November.

„In den DAX-Unternehmen und auch in vielen anderen großen Firmen gibt es sogenannte ComplianceVorgaben, darin ist das Problem der Geschenke und Zuwendungen geregelt“, sagt Kasten. Die Richtlinien müssten Vertragsbestandteil sein, entweder als Anlagen zum Arbeits vertrag, einsehbar im Intranet oder als Datenträger mit allen Complian- ce-Regeln. „Der Arbeitgeber hat eine Bringschuld, aber der Arbeitnehmer muss sich auch informieren“, so Kasten.

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Schön bunt – aber nicht harmlos: Solche Geschenke für Arbeitnehmer können steuerliche und rechtliche Konsequenzen haben. Bild: hfz

Lieber nachfragen

Für die Firmen steht bei undurchsichtigen, kostspieligen Geschenken einiges auf dem Spiel: Bestechung, Korruption und Kartellbildung sind nur einige Stichworte. Doch auch für Arbeitnehmer gibt es ein Risiko: „Ein Verstoß gegen die Richtlinien kann zur Abmahnung und in gravierenden Fällen auch zur Kündigung führen“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln.

Oft ist die Annahme von Geschenken zwar weder ein straf- noch ein steuerrechtliches Problem. „Aber man verstößt gegen den Arbeitsvertrag“, betont Kasten. Wenn der Arbeitnehmer unsicher ist, ob es in seinem Unternehmen eindeutige Regeln gibt oder wie diese lauten, sollte er vor Annahme eines Geschenks nachfragen, rät Oberthür. Und wenn die Regelungen Geschenke kategorisch ausschließen, ist sogar ein kleines Werbegadget tabu – selbst wenn es nur ein paar Euro kostet.

Auch ohne offizielle Compliance-Regeln kann die Annahme eines Geschenks problematisch werden, sagt Oberthür. Das gilt vor allem in korruptionsanfälligen Arbeitsbereichen wie dem Einkauf – aber auch für alle anderen Arbeitnehmer, wenn das Geschenk die Größenordnung einer reinen Aufmerksamkeit überschreitet. Das sind etwa 10 bis 15 Euro. „Lässt man sich Geschenke als Gegenleistung für eine dienstliche Handlung geben, kann dies zudem auch eine strafbare Handlung darstellen.“

Steuerliche Grenze

Und auch wenn etwas nicht strafbar ist, kann es schlecht aussehen: Ein Klassiker bei den Unternehmen sind laut Anwalt Kasten teure Tickets für Sportveranstaltungen, etwa Fußballspiele. „Die kosten die Schenkenden meist gar nichts, weil sie ohnehin Dauerkarten für die Boxen haben“, sagt er. Trotzdem müssen sich die Eingeladenen nach dieser Vorzugsbehandlung schnell anhören, hier besonders hofiert zu werden – und dann Entscheidungen zugunsten des Einladenden zu treffen.

Um solche Probleme zu vermeiden, dürfen Amtsträger wie Richter, Beamte, Notare und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung überhaupt keine Zuwendungen annehmen – das regelt das Strafgesetzbuch. Sie dürfen sich nicht mal zu einer Tasse Kaffee einladen oder sich einen billigen Kugelschreiber schenken lassen. Für andere Arbeitnehmer sind die Regeln zwar lockerer – Ärger kann aber trotzdem drohen. „Meist wird sich niemand daran stören, bis es von anderer Seite Probleme gibt“, betont Kasten. Und will man einen Mitarbeiter loswerden, können auch die Geschenke plötzlich auf der Vorwurfsliste landen. Und was ist mit der Steuer? Im Allgemeinen gilt für Arbeitnehmer:

Geschenke des eigenen Arbeitgebers können sie bis zu einem monatlichen Wert von 44 Euro annehmen, bei persönlichen Anlässen wie einer Hochzeit auch Geschenke bis zu einem Wert von 60 Euro, sagt Anwältin Oberthür. Wenn Kollegen für Kollegen sammeln und ein Geschenk überreichen, zu welchem Anlass auch immer, ist das ebenfalls unproblematisch. Denn das wird in der Regel als privates und nicht als dienstliches Präsent eingeordnet. Geschenke von Kollegen, Kunden oder Konkurrenten sind ebenfalls ein Fall für das Finanzamt: „Wenn die steuerliche Geschenkgrenze von 35 Euro nicht überschritten wurde, unterliegt ein Geschenk an einen Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens nicht der steuerlichen Erfassung“, sagt der Berliner Steuerberater Wolfgang Wawro. Ein solches Geschenk erfolge „personenorientiert“ und könne somit auch nicht als Geschenk an das Unternehmen gewertet werden. Höhere Beträge allerdings müssen sich in der Steuererklärung wiederfinden.

Einfacher haben es Menschen, die selbstständig unterwegs sind – denn sie dürfen die Geschenke ihrer Kunden und Auftraggeber annehmen. Allerdings auch nicht in allen Fällen stillschweigend, wie Wawro sagt. Nur Geschenke mit geringem Wert müssen sie nicht als Betriebseinnahme angeben, die Grenze liege bei etwa 10 Euro.


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