Sinn für Grobes und Feines

(dpa/tmn) Schon als kleiner Junge begleitete Philipp Dörfler seinen Vater in viele Kirchen. Still und leise sah er ihm bei seiner Arbeit zu. „Als Kind war das recht langweilig“, sagt der 21-Jährige. Das hat sich geändert. Im väterlichen Betrieb in Bamberg macht er inzwischen selbst eine dreijährige Ausbildung zum Kirchenmaler.

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Statt Gelb und Grau wieder ein strahlendes Weiß: Philipp Dörfler und sein Kollege Christian Müller restaurieren eine Kirche in Hirschaid. Bild: dpa

Geduld gefragt

Philipp Dörfler ist im zweiten Lehrjahr als Maler und Lackierer der Fachrichtung Kirchenmalerei und Denkmalpflege. Er lernt, Decken, Wände, Fassaden, Wandmalereien, Stuck und Plastiken zu erhalten, zu erneuern und zu restaurieren. Kirchenmaler überprüfen auch den Untergrund, vergolden und verzieren mit teils historischen Techniken.

Es sei ein schönes Gefühl, Figuren zu sehen, die man selbst eingefasst und vergoldet hat, sagt Dörfler. „Da ist man schon stolz.“ Der Beruf erfordere Geduld: „Man darf nicht gleich verzweifeln, wenn etwas nicht gleich klappt“, so der Auszubildende. Seine Mitschülerin Deborah Schönburg liebt besonders die filigranen Arbeiten. Darum lernt sie in ihrem Betrieb im hessischen Groß-Bieberau den eng verwandten Beruf der Vergolderin. Während sich Kirchenmaler vor allem um die sogenannte Raumschale kümmern, widmen sich Vergolder der Ausstattung. Als Vergolderin dürfe sie an historischen Gegenständen ihre eigenen Spuren hinterlassen, sagt die 28-Jährige. „Das ist ein sehr schönes Gefühl.“

Früher war die Kirchenmalerei ein eigenes Berufsfeld, ist aber seit 2003 Teil des Maler- und Lackiererhandwerks, erklärt Daniel Schreiber vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). In den ersten beiden Jahren der dualen Ausbildung lernen die Kirchenmaler gemeinsam mit anderen Malern und Lackierern. Danach spezialisieren sie sich.

„Man muss Fingerspitzengefühl mitbringen, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit“, erklärt Veronika Schierl, Lehrerin an den Beruflichen Schulen für Farbe und Gestaltung in München. Wichtig sei künstlerisches und zeichnerisches Interesse sowie Freude an Form, Farbe und Gestaltung. „Man muss diesen Beruf fühlen“, sagt die Lehrerin. Nicht nur die Berufsschule für Kirchenmaler befindet sich in Bayern, auch die meisten der Ausbildungsbetriebe. Im Jahr 2015 beispielsweise lernten von insgesamt 42 Auszubildenden 36 in Bayern.

Momentan werden die Ausbildungsinhalte zum Maler und Lackierer auf den neuesten Stand gebracht. Substanzielle Änderungen werde es in der Fachrichtung Kirchenmalerei und Denkmalpflege aber nicht geben, berichtet Daniel Schreiber, Projektleiter des Neuordnungsverfahrens.

„Klein aber fein“

Grundsätzlich sei es im Handwerk schwierig, Nachwuchs zu finden, sagt der Ausbildungsexperte. Nach Veronika Schierls Einschätzung aber halten sich beim Kirchenmaler die Anzahl der Bewerber und der Plätze in etwa die Waage. Mit 15 bis 20 neuen Ausbildungsverträgen pro Jahr ist die Fachrichtung eine Nische. „Unser kleiner, aber feiner Beruf“, sagt Roland Brecheis und lacht.

Philipp Dörfler glaubt an die Zukunft des Berufs. „Ich denke, Gebäude müssen immer saniert werden.“ Nachteilig für Kirchenmaler sei es, wenn Kunden auf billige Lösungen statt auf originalgetreue Sanierung durch eine Fachfirma setzen. Allerdings hofft Dörfler, dass sich der Trend zum Günstigen langfristig wieder umkehre.

Kirchenmaler arbeiten entweder als Angestellte oder machen sich selbstständig. Ihre Verdienstmöglichkeiten orientieren sich an den Tarifverträgen im Maler- und Lackiererhandwerk. Philipp Dörfler möchte später wahrscheinlich in den elterlichen Betrieb einsteigen, aber vorher noch studieren – zum Beispiel Innenausbau. Auch Deborah Schönburg will sich weiterbilden und überlegt, später noch ihren Meister zu machen.


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