Viele Wege führen zum Blaulicht

(dpa/tmn) „Ich geh zur Polizei!“ Das ist leicht gesagt, aber gar nicht so leicht getan. Denn erstens sind die Zugangshürden recht hoch, unter anderem in Form des gefürchteten Auswahltests. Und zweitens gibt es „die Polizei“ so gar nicht. Stattdessen existieren in Bund und Ländern mehrere Behörden, die Polizeiarbeit untereinander aufteilen – und die alle selbst ausbilden.

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Eine Uniform, viele Ausbildungen: Polizeiarbeit ist Ländersache – für Interessenten gibt es deshalb mehrere Möglichkeiten, Polizist zu werden. Bild: dpa

In Grundzügen ist die Ausbildung aber überall gleich: Zur Auswahl stehen, zumindest theoretisch, der mittlere und der gehobene Dienst. Allerdings bilden viele Bundesländer schon seit Jahren nicht mehr für den mittleren Dienst aus. NordrheinWestfalen zum Beispiel hat damit 2001 aufgehört.

Wo es den mittleren Dienst noch gibt, steht er grundsätzlich allen Schulabsolventen mit Realschulabschluss offen. Bei der Bundespolizei etwa dauert die Ausbildung dann zweieinhalb Jahre, mit mehreren langen Praktika, vor allem im zweiten Jahr. Wer anschließend die sogenannte Laufbahnprüfung schafft, darf sich Polizeimeister nennen.

Verschiedene Tests

Für den gehobenen Dienst brauchen Bewerber Abi oder wenigstens Fachabitur, alternativ den Meisterbrief oder eine andere abgeschlossene Aufstiegsfortbildung. Denn hier wird studiert. Was und wo genau, ist je nach Behörde und Bundesland wieder unterschiedlich. In der Regel erwerben die Bewerber aber in drei Jahren einen Bachelor, an eigenen Hoch- oder Fachhochschulen, und in einem dualen Studium – also mit hohem Praxisanteil.

Wer sich dabei und später im Job besonders auszeichnet, kann anschließend noch in den höheren Dienst wechseln – mit einem zweijährigen Master an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster, in dem es vor allem um Führung und Management geht. Bei Bundespolizei und Bundeskriminalamt (BKA) können Seiteneinsteiger mit abgeschlossenem Studium zudem auch direkt in den höheren Dienst gehen.

Akademisiert sich der Polizeiberuf also? Definitiv, sagt Mechthild Hauff, Sprecherin der Deutschen Hoch- schule der Polizei. „Das heißt dann aber nicht Verkopfung oder Theoretisierung – aber der Polizeiberuf ist inzwischen so komplex, dass es ohne akademische Qualifikation nicht mehr geht.“ Hinzu kommt, dass sich die Herausforderungen für Polizisten ständig ändern, wenn es etwa um Cyberkriminalität oder Terrorismus geht. Um sich darauf einstellen zu können, brauchen Polizisten wissenschaftlich fundierte Methoden, erklärt Hauff – daher das Studium.

Vor Studium oder Ausbildung kommt allerdings zunächst der Auswahltest. Welchen Ruf der hat, lässt sich schon an den Massen an Webseiten, Seminaren und Fachbüchern sehen, die Interessenten darauf vorbereiten wollen. Der Test besteht aus mehreren Teilen, die Details sind von Behörde zu Behörde wieder unterschiedlich. Ein Intelligenz- oder PC- Test, zum Beispiel mit Logik- und Gedächtnisaufgaben, gehört aber immer dazu, genau wie ein Einzelgespräch und eine ärztliche Untersuchung.

Flexible Teamplayer

Sporttests gibt es dagegen nicht mehr überall: Manche Polizeibehörden verlangen stattdessen aktuelle Sport- und Schwimmabzeichen. Und auch ein Assessment Center mit Gruppendiskussionen und Rollenspielen ist nicht überall Standard, bei der Auswahl für den gehobenen Dienst aber meistens schon.

Dazu müssen Bewerber gewisse körperliche Voraussetzungen erfüllen - Mindestgrößen und Vorgaben zum Body-Mass-Index. Ein Führerschein und Fremdsprachenkenntnisse sind in vielen Fällen ebenfalls Pflicht. Und natürlich gibt es Tabus: Wer vorbestraft ist, kann kein Polizist werden. Sichtbare Tätowierungen oder Piercings, im Gesicht zum Beispiel, sind in vielen Fällen ebenfalls ein Ausschlussgrund.

Hinzu kommen weitere Voraussetzungen: „Auf jeden Fall sollte man aufgeschlossen und flexibel sein, denn wir haben eine Fülle an unterschiedlichen Aufgaben und brauchen dazu Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über den Tellerrand schauen“, sagt Ellen Kirschke, Personalsachbearbeiterin beim Bundeskriminalamt (BKA).

Leistungsbereitschaft und Verantwortungsgefühl sind ebenfalls wichtig, genau wie Teamfähigkeit. „Wir müssen uns aufeinander verlassen können, weshalb Einzelkämpfer hier fehl am Platze sind.“ Daran zeigt sich schon, dass der Polizeiberuf kein Job wie jeder andere ist. „Es ist eben auch Aufgabe von Polizisten, körperliche Gewalt anzuwenden“, sagt Oliver Malchow, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. „Und dadurch hat man als Polizist eben immer wieder mit entsprechenden Situationen zu tun.“

Soziale Kompetenzen

Solche „konfliktären Situationen“, wie Malchow das nennt, sind eine Belastung: „Sie haben vielleicht Angst, dürfen die aber nicht zeigen.“ Deshalb sind soziale Kompetenzen und Stressbewältigung auch Teil der Ausbildung, trainiert wird das zum Beispiel in Rollenspielen.

Und auch im Job später gibt es psychologische Betreuung nach besonders heftigen Vorfällen, erklärt der Gewerkschaftsvorsitzende. „Und auch bei den Vorgesetzten ist das inzwischen ein großes Thema.“


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