Von wegen Hammer und Meißel

 Ob in der Kaffeemaschine oder im Computer: Werkzeugmechaniker können die Ergebnisse ihrer Arbeit überall im Alltag entdecken. Fachkräfte sind gesucht und haben entsprechend gute Verdienstaussichten.

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Neben Bohr-, Dreh- und Schleifmaschinen nutzen Werkzeugmechaniker vor allem auch die CNC-Fräse. Der Auszubildende Niklas Welsch lernt, wie er richtig damit umgeht. Bilder: Christoph Schmidt/dpa (3)

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Niklas Welsch arbeitet an einer Drehmaschine, an der komplexe Einzelteile hergestellt werden.

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Ohne technisches Verständnis geht es nicht.

Von Inga Dreyer, dpa

Plochingen/Schwendi. Schraubenzieher, Zange, Säge: Ist doch klar, was ein Werkzeugmechaniker den ganzen Tag macht – eben Werkzeug bauen. So einfach ist das aber nicht. „Viele Leute meinen, Werkzeugbau bedeute Hammer und Meißel“, sagt Ralf Dürrwächter, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Werkzeug- und Formenbauer.

Werkzeugmechaniker fertigen aber keine Utensilien für den Hausgebrauch, sondern Spritzguss-, Press- und Prägeformen sowie Stanz- und Umformwerkzeuge, wie sie in der industriellen Serienproduktion und im Maschinenbau gebraucht werden. Außerdem fügen sie Bauteile und Baugruppen zu Werkzeugen zusammen und stellen feinmechanische und chirurgische Instrumente her.

Niklas Welsch arbeitet am liebsten mit Metall. „Es macht einfach Spaß. Man hat ein Rohmaterial und sieht dann, was man alles daraus machen kann“, erzählt der 19-Jährige, der bei Pfletschinger & Gauch Formenbau in Plochingen (Baden-Württemberg) eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker macht. „Am besten gefallen hat mir bisher das Drehen. Man kann aus einem Rundstahl so viele Sachen fertigen, das ist unglaublich“, erzählt der Auszubildende.

Wie zweite Familie

Für die Ausbildung hat er sich bewusst bei einem kleinen Betrieb beworben. „Das ist hier wie eine zweite kleine Familie“, sagt er über seine Ausbildungsstätte. Pfletschinger & Gauch Formenbau stellt Formen für den Kunststoffspritzguss her, die unter anderem in der Medizin- und Pharmabranche, in der Verpackungsindustrie, im Bereich Kosmetik, Elektrotechnik und im Automobilbereich verwendet werden.

In dreieinhalb Jahren lernt der Auszubildende unter anderem zu feilen, bohren und zu fräsen. Morgens stempelt Niklas Welsch um 6.30 Uhr ein und nimmt sich dann ein Übungsstück, mit dem er sich auf seine Zwischenprüfung vorbereitet. Später ziehe er sich in die Betriebskantine zurück, um für die Theorie zu lernen, erzählt er.

Nach der Prüfung wird er die Abteilung wechseln und entweder in den Werkzeugbau, zum Schleifen oder zum CNC-Fräsen kommen. „Ich finde den Werkzeugbau ziemlich interessant“, erzählt der Auszubildende. Dort werden unter anderem Formen repariert und montiert. Aber auch das CNC-Fräsen sei spannend. Am Computer werden die Maschinen programmiert. „Dann gucke ich zu, ob die Fräse das macht, was ich wollte“, sagt Welsch und lacht.

Es gibt immer noch Gelegenheiten, sich die Hände schmutzig zu machen, obwohl vieles inzwischen automatisch abläuft und digital gesteuert wird. Früher sei der Werkzeugmechaniker ein reiner Handwerksberuf gewesen, sagt Rainer Dangel, Lehrbuchautor und Geschäftsführer der Dangel Formentechnik. Inzwischen sei die Digitalisierung im Werkzeugbau aber voll im Gange.

Das betrifft nicht nur Konstruktion und Programmierung von Maschinen, sondern auch die Automatisierung der Produktion und den Einsatz von Robotern. Aktuell werde das Thema Industrie 4.0 diskutiert: die umfassende Digitalisierung und Vernetzung aller Schritte im Entstehungsprozess eines Werkzeugs. „Werkzeug- und Formenbau ist ein Hightech-Beruf“, betont Ralf Dürrwächter.

In der Ausbildung verdienen angehende Werkzeugmechaniker nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit monatlich zwischen 980 und knapp 1300 Euro. Der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt sei groß, sagt Dürrwächter: „Gute Werkzeugmechaniker bekommen auch gut bezahlte Jobs.“

Mitbringen sollten angehende Werkzeugmechaniker technisches und mathematisches Verständnis, Geduld und Fingerspitzengefühl, sagt Niklas Welsch. Neben räumlichem Vorstellungsvermögen brauchen die Fachkräfte eine präzise Hand – schließlich müssen sie auf ein hundertstel oder gar tausendstel Millimeter genau arbeiten. Ralf Dürrwächter hebt die kreativen Aspekte des Berufs hervor. In erster Linie sollte man Interesse daran haben, etwas zu entwickeln und zu gestalten, sagt er. „Es ist ein tolles Gefühl, wenn man nachher das Auto sieht, an dem man mitgearbeitet hat.“

Arbeit für den Alltag

In vielen Momenten entdecke man die Ergebnisse der eigenen Arbeit im Alltag, sagt Rainer Dangel. Ob zu Hause oder auf der Straße: überall seien Kunststoff- oder Blechteile zu sehen, die basierend auf der Arbeit von Werkzeugmechanikern hergestellt wurden. „Ohne diesen Beruf gäbe es viele Dinge nicht – von der Kaffeemaschine über den Computer bis hin zum Automobil“.

Nach der Ausbildung bieten sich viele Weiterbildungsmöglichkeiten. Werkzeugmechaniker können zum Beispiel einen Industriemeister der Fachrichtung Metall machen – oder einen Techniker der Fachrichtung Maschinentechnik im Bereich Betriebsmittel und Werkzeugbau anschließen. An einigen Hochschulen gibt es passende Studiengänge wie Projektmanager Werkzeug- und Formenbau oder angewandte Kunststofftechnik.

Niklas Welsch hat die Möglichkeit, nach der Ausbildung als Facharbeiter übernommen zu werden. Da will er erst einmal Berufserfahrung sammeln, sagt er. „Ich bin niemand, der so lange im Voraus plant.“


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