Wenn die Karriere stillsteht

(dpa/tmn) Lange war es ihm ein Rätsel. Der junge Maschinenbauingenieur machte einen guten Job, hielt seinem Chef stets den Rücken frei – aber er wurde einfach nicht befördert. Bewerbungen in anderen Abteilungen seines Unternehmens blieben erfolglos. Irgendwann merkte der junge Mann: Es lag an seinem Chef. Der brauchte ihn unbedingt in seinem Team, wollte ihn nicht ziehen lassen.

89554160.jpgSeifenblasen gegen die Frustration und Routine: Wer sich in seinem Job nicht weiterentwickelt, sollte möglichst bald aktiv werden. Bild: dpa

Gefühl der Frustration

Dieses Beispiel, das die Wiesbadener Karriereberaterin Ute Bölke aus ihrer eigenen Praxis schildert, steht für etwas, das viele Arbeitnehmer im Laufe ihrer Karriere erleben: beruflich in eine Sackgasse geraten zu sein. Stillstand. „Die Gründe sind sehr unterschiedlich, doch für viele resultiert diese Stagnation im Job in einem Gefühl der Frustration und der Desillusionierung“, sagt Bölke. Wer merkt, dass er nicht mehr vorankommt, sollte das nicht hinnehmen, sondern möglichst bald aktiv werden.

Eine Reihe von Anzeichen deutet auf so eine berufliche Sackgasse hin. Der Münchner Karriereberaterin Petra Carlile sind viele schon begegnet: „Wenn man permanent bei Beförderungen übergangen wird, eigene Ideen immer wieder abgelehnt werden oder man gar nicht die Chance bekommt, Vorschläge einzubringen“ – dann sei es Zeit, sich einen Plan zu machen.

Laut Bölke sollten Arbeitnehmer zunächst definieren, wo sie eigentlich hin wollen. Auf der Karriereleiter nach oben? Sich fachlich weiterentwickeln? Vielleicht sogar ein ganz neues Terrain erschließen? Ob das realistisch zu erreichen ist, findet man bei einer Art Kassensturz heraus, sagt Bölke. Dabei zeige sich, ob das eigene Leistungsportfolio für den Arbeitsmarkt noch interessant ist.

„Einfach mal bei einem anderen Unternehmen bewerben – entweder für eine ähnliche Position oder eine höhere“, rät Bölke. Möglich sei auch, Stellenanzeigen zu studieren und abzugleichen, inwieweit man die dafür geforderten Hard und Soft Skills hätte. Wer merkt, dass er zusätzliche Qualifikationen braucht, könne etwa berufsbegleitend ein Studium machen, sich weiterbilden oder eine Zeit ins Ausland gehen, erklärt Bölke.

Kontakte sind das A und O

Um aktiv eine Beförderung voranzutreiben, gibt es laut Carlile eine Reihe von Möglichkeiten. Die einfachste: „Das Gespräch mit dem Vorgesetzten führen, eigene Ziele verdeutlichen und gemeinsam einen Weg dorthin definieren“, sagt sie. Man könne sich aber auch bereiterklären, eines der nächsten anstehenden Projekte zu leiten. Ganz wichtig sei natürlich auch das Netzwerken. „Nach wie vor sind Kontakte das A und O. Durch Kontakte werden viel schneller Informationen ausgetauscht – etwa auch, wenn intern eine neue Stelle zu besetzen ist“, erklärt Carlile.

Der Personalberater Stefan Müller weist darauf hin, dass vielen Arbeitnehmern auch das Kommunikationsvermögen in eigener Sache fehle. „Es reicht nicht, gute Arbeit zu machen. Man muss es den Chef auch wissen lassen.“ Dafür könne es zunächst helfen, sich die zehn wichtigsten Erfolge des vergangenen Jahres einfach einmal aufzuschreiben. Dann sei es leichter, auch dem Vorgesetzten zu berichten, was man erreicht habe.

Es sei außerdem wichtig, im Unternehmen sichtbar zu sein. „Das kann heißen: Ich halte Vorträge, ich berichte proaktiv an den Chef, ich schreie mal hier, wenn es um eine Präsentation geht.“

Es können aber auch die äußeren Umstände sein, die das Fortkommen verhindern. „Es ist keine Seltenheit, dass jemand aus politischen oder taktischen Gründen nicht gelobt oder befördert wird, egal, wie gut er ist“, sagt Müller. Es könne aber auch sein, dass man merke: „Mit diesem Chef komme ich nicht klar, unter dem werde ich nichts mehr.“ Oder der Vorgesetzte ist nur wenige Jahre älter als man selbst und blockiert auf absehbare Zeit die Karriereleiter nach oben.

Ab und an müssten Arbeitnehmer sich auch selbst hinterfragen: Welche Opfer würde man für den nächsten Karriereschritt erbringen? „Wer weder bereit ist zu pendeln, noch umzuziehen, wer auch nicht mehr Zeit in den Job stecken will – der muss sich nicht wundern, wenn es keine Tätigkeit gibt, die seinen Anforderungen entspricht“, sagt Müller. Mehr Leistung zu zeigen oder beweglicher zu sein, das könne durchaus sinnvoll sein.

Aufstehen und gehen

Manchmal helfen aber alle Bemühungen nichts. „Wenn offensichtlich wird, dass eine Weiterentwicklung unmöglich ist, dann bleibt nur noch die Kündigung“, sagt Carlile. Auch Personalberater Müller hat ein paar Leitsätze formuliert, die zeigen, wo die persönliche Grenze sein muss. Er sagt: „Wenn man sich zu sehr verbiegen muss, um voranzukommen: aufstehen, gehen. Wenn man physisch oder psychisch krank wird in dieser Umgebung: aufstehen, gehen. Wenn man draußen mehr Perspektiven hat: aufstehen, gehen.“ Auch wenn es unbequemer ist: Woanders findet sich sicher auch noch ein Job.


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